want to lay next to sindy

 

trends sind phänomene, die sich innerhalb eines sozialen systems abspielen, der gesellschaft. wir haben ein verständnis von gesellschaft, von trends, (lebens-)stilen, sozialen rollen und sozialen identitäten. ein solches trendphänomen wird mithilfe qualitativen methoden der beobachtung kritisch untersucht und beschreiben.

 
 
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aus dem wunsch heraus sich mit der thematik des todes auseinanderzusetzen, worin wir eine wichtigkeit für die enttabuisierung des themas, sowie des wandels der trauerkultur sehen und der thematik mensch und tier, kam der zusammenschluss beider themen und führte zur sozialwissenschaftlichen analyse des ortes tierfriedhofs.
hier einige auszüge davon:

wir können unsere heimtiere nicht fragen, ob sie einmal auf der nekropole für tiere ihre ewige ruhe finden wollen. in letzter zeit wird aber mehr und mehr der wunsch verspürt, unseren tieren einen würdevollen abschied zu erweisen. ein ort für die toten, gemacht für die lebenden. ein kein so junges phänomen, wie die geschichte des tierfriedhofs zeigt. die beziehung zu unseren heimtieren steht im wandel und so auch die bestattungskultur nach ihrem ableben, denn wenn tiere wie menschen bestattet werden, kann dies zweifelsohne als sozialer wandel betrachtet werden.

 
 

das heimtier wird durch die soziale konstruktion zu einer tierperson, es wird semipersonalisiert und lebt so als
«pet animal» gemeinsam mit uns in einer kernfamiliären intimität mit. (1)

 
 
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objekt oder subjekt, essen oder streicheln, kadaver oder leiche

 
 

genauso wie der menschliche friedhof, ist der tf ein ort der ruhe, wie auch der krisenbewältigung. er fungiert als reflexionsstätte, als öffentlicher orte der trauerarbeit, der erinnerung, der sinnkonstruktion und der intimisierung.

 
 
 
 

konfessionslose und angehörige aus unterschiedlichen religionsgemeinschaften lassen ihre tiere auf demselben friedhof nebeneinander beisetzen. dies kennen wir im vergleich zum humanen friedhof eher nicht, wo strikt juden, katholiken, protestanten und buddhisten örtlich getrennt begraben werden.

 
 
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die fotografie verkörpert das tote tier zu seinen lebzeiten. was zu lebzeiten der physische körper tat wird nun von einem material abgelöst, in einen zweiten körper umgewandelt. es ist von einem erinnerungsmaterial die rede.  (2)

 
 
 
 
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worte, die das tier bereits bei lebzeiten nicht verstehen konnte, dienen als funktion zur trauerbewältigung der hinterbliebenen auf einem parasozialen niveau. 

 
 
 
 
 
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"buebeli, meitli, baby und müsli" als zeichen einer infantilisierung

 

dem heimtiers werden die augen geschlossen, das fell gepflegt und für die beisetzung vorbereitet. der mensch darf entscheiden, ob sein tier bloss in einem leinentuch gewickelt, oder in einem speziell angefertigten holzsarg vergraben wird. 

 
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mit der trauerbewältigung, ob beim mensch oder tier, wird unterschiedlich umgegangen und unterschiedliche ansprüche und forderungen werden gestellt. für die einen muss der tod des heimtieres sichtbar gemacht werden, für die anderen genügen erinnerungen. so funktionieren urnen im wohnzimmer, grabstätten im privaten garten, tierfriedhöfeschmuckstücke, erinnerungsbilder oder virtuelle gedenkstätten nebeneinander und sprechen jeweils eine individuelle menschengruppe an.

 
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wird das heimtier immer mehr vermenschlicht, auf derselben augenhöhe angeschaut und erhält die gleichen rechte wie wir? dass das tier und der mensch bereits zusammen begraben werden, ist ein argument dafür. es werden mischgräber angeboten und auch genutzt. es ist eine art familiengrab.

 
 
 
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ist der physische körper nur eine hülle und wird wieder an einer kaderverstelle entsorgt? ein mögliches zukunftszenario, welches auch für uns menschen zutreffen könnte? obwohl dies heute noch sehr unrealistisch erscheint, da das physische leben, der habitus und der glaube des menschen nicht von der digitalität komplett abgelöst werden kann?

 
 
 
 

"unsere gesellschaft formt sich ständig neu. wnn sich die gesellschaft ändert, ändert sich 
das ende des lebens mit" 
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mehr hier lesen

 

quellen

1. wiedenmann, rainer e.: neuer totemismus? überlegungen zur fenese und semantik moderner tierbestattung. in: soziale welt, 1993, 204 

2. meitzler, matthias: hunde wollt ihr ewig leben? der tote vierbeiner-ein krisentier. in: burzan, nicole und ronald hitzler: auf den hund gekommen. interdisziplinäre annäherung an ein verhältnis. wiesbaden: springer fachbmedien, 2017, 191

3. fischer, norbert: der entfesselte friedhof. in: thorsten benkel (hg.): die zukunft des todes. heterotopien des lebensendes. vielefeld: transcript verlag, 2016, 8 

 
 

kooperation mit rafael gil cordeiro
trends and identity, zhdk
jan 19